Bei der MUNOG-Simulation am Sindelfinger Goldberg-Gymnasium (GGS) nehmen Schüler weltpolitische Themen selbst in die Hand
Vom vergangenen Freitag bis einschließlich Mittwoch findet am Goldberg-Gymnasium Sindelfingen wieder die UNSimulation MUNOG (Model United Nations of Goldberg) statt. Zum elften Mal können die Schüler in die Rollen der UN-Abgeordneten schlüpfen und über Probleme und Herausforderungen debattieren. Wer das GGS betritt, den erwartet ein für eine Schule eher ungewöhnliches Bild: DieJungs tragen Hemden und Anzüge, die Mädchen Blusen und Blazern, viele haben Namensschildern um den Hals und wuseln mit Programmheften in der Hand kreuz und quer über das Schulgelände. Die Klassenzimmer wurden zu Konferenzräumen umgebaut. In einem davon findet für die Eltern eine kleine Präsentation zu MUNOG statt. „Deputy Secretary General“ Bennet Weber erklärt den Besuchern das MUNOG-Prinzip und beantwortet weitere Fragen.
Während des fünftägigen Projekts können die Schüler durch die Amtssprache Englisch ihre Sprachkenntnisse verbessern und erhalten einen Einblick in das internationale Politikgeschehen und die Arbeit der UN. „Es macht einfach besonders viel Spaß und man lernt andere Kulturen kennen, kann sich austauschen und man hat die Möglichkeit, über viele Themen zu debattieren“, erklärt Bennet dem kleinen Publikum. Insgesamt sind an der Schule für das Projekt 350 Beteiligte involviert. Mehrere Schulen europäischer Länder wurden eingeladen, mitzumachen. Darunter auch Schulen aus England, Frankreich, Russland, Spanien, Rumänien, Italien und Polen. Die Gäste kamen bereits am Donnerstag an und wurden von Gastfamilien aufgenommen. Am Freitag fand die große Eröffnungszeremonie in der Aula statt. Alles natürlich auf Englisch. Lilly Basic, die dieses Jahr „Secretary General“ der MUNOG 2019 ist, eröffnete die Konferenz mit: „Das Leben ist so viel einfacher, wenn man sich nicht kümmert.
Ich bin froh, dass ich das nicht nachvollziehen kann.“ Denn beim MUNOG geht es darum, globale Probleme anzusprechen und nach Lösungen und Kompromissen zu suchen. Dass alle formell gekleidet sind, empfindet Bennet als positiv, weil es Atmosphäre erzeugt. Auch wenn es manchmal nicht ganz leicht ist, die schwierigen Themen auf Englisch zu diskutieren „verbessert sich mein Englisch deutlich, das merkt man. Man geht auch leichter auf neue Leute zu,“ sagt der 15-Jährige zufrieden.
Gastrednerin spricht zum Thema über Frauenrecht
Direktorin Veronika Knüppel stellte die Hauptthemen der diesjährigen Konferenz in ihrer Rede vor: Vielfalt, Gleichberechtigung und Menschenwürde. Seit letztem Jahr gibt es auch ein Frauenrechtskommitee. Für dieses Thema konnte man auch einen besonderen Gast zur Eröffnungsfeier für sich gewinnen. Kristina Lunz ist Mitbegründerin und Deutschlanddirektorin des „Centre for Feminist Foreign Policy“ (Zentrum für feministische Außenpolitik) und Beraterin im Auswärtigen Amt. Die 30-jährige Aktivistin kam extra aus Berlin angereist. Lehrerin Verena Kiemes erzählt, dass ihre Kollegin Lisa Rath zufällig auf Kristina Lunz gestoßen sei und sie zu MUNOG einladen habe. Das Interview führten Amelie Fuchslocher und Paula Fehrenbacher, die mit Lunz über das deutsche Schulsystem, Fridays for Future und Gleichberechtigung zwischen den Geschlechtern redeten. Amelie und Paula erzählen aufgeregt und schwärmerisch über das Interview: „Ich fand es total cool, was sie erzählt hat. Wir haben davor ja auch ein bisschen recherchiert. Es war beeindruckend,was sie schon alles erreicht hat. Ich war echt
begeistert“, erzählt Amelie. Paula fügt dem noch hinzu: „Es war wirklich eine große Ehre sie interviewen zu dürfen. Ich finde den Feminismus wichtig. Sie ist ja Aktivistin und konnte alle Fragen professionell beantwortet.“
Die zwei 16-Jährigen sehen sich selbst auch als Feministinnen. Aber sie beschweren sich, dass Feministinnen zu oft noch gleichgesetzt wird mit „Männerhassern“, anstatt den Feminismus mit dem eigentlichen Ziel – für mehr Gleichberechtigung zu sorgen – zu verbinden. „Das ist ein Thema, das in den Alltag integriert werden muss“, findet Paula, die in der MUNOG-Woche bei der Kommission für Frauenrechte zugeteilt ist. Lehrerin Kiemens erzählt, wie sichtbar die Probleme auch im Unterricht präsent sind: „Das war im Französischunterricht, als die Schüler Futursätze bilden sollten. Was man mal werden möchte. Bei vielen Mädchen kamen Sätze heraus, wie „ich will einen reichen Mann heiraten“ oder „Kinder kriegen“. Viel zu selten, was die Mädchen aus sich machen wollen.
Welchen Beruf sie sich wünschen.“ Die 45 Minuten für das Interview mit Kristina Lunz fanden die zwei Schülersprecherinnen fast schon zu kurz: „Wir hatten fünf Seiten an Fragen, kamen aber nur bis Seite zwei. Dafür ging sie auch wirklich ausführlich auf die Fragen ein“, sagt Amelie. Nach dem Interview haben Amelie und Paula das Thema sogar mit nach Hause genommen, wo sie eifrig mit der Familie weiterdiskutierten. Noch bis Montag wird in den „Commitees in Session“ eifrig diskutiert und debattiert. Die Ergebnisse will die das GGS dann an die echte UN schicken, um ihre Sicht der Dinge zu verdeutlichen und den „MUN-Spirit“ an die „echten“ Politiker weiterzugeben.
Simone Mücke, Kreiszeitung