Die Nacht durchmachen? – Cool! Die Nacht durchmachen und währenddessen ganz viel rechnen? – Das würde viele Menschen wohl ziemlich abschrecken. Nicht so aber zehn mutige Schüler (fünf Jungs und fünf Mädchen) der 8a, 8c und 9a. Sie ließen sich Ende November an einem Freitagabend auf diese Herausforderung ein.
Die „lange Nacht der Mathematik“ ist ein Wettbewerb der ganz besonderen Art. Schon seit über 20 Jahren wird er von einer kleinen Gruppe Lehrer aus Schleswig-Holstein organisiert. Zwischen Freitag, 18 Uhr, und Samstag, 8 Uhr, erhalten die Schüler in bis zu drei Runden mathematische Aufgaben, die sie gemeinsam lösen sollen.
Im Vorfeld haben wir uns möglichst genau über den Ablauf informiert. Da es aber keine Beispielaufgaben gab, waren wir sehr gespannt auf das Niveau der Aufgaben. Auch war uns nicht klar, wie viel Zeit die einzelnen Runden in Anspruch nehmen würden.
So warteten wir gespannt mit vielen Essensvorräten und Schlafsäcken auf den Startschuss am Freitagabend. Die Schüler wurden der Jahrgangsgruppe 0809 zugeteilt und hatten bereits im Vorfeld kleinere Gruppen gebildet. In diesen Kleingruppen wurden nun mit viel Elan die zehn Aufgaben der ersten Runde bearbeitet. Schnell war klar: das wird richtig anspruchsvoll! Einzelne Beispiele waren ganz gut zu lösen, aber bald rauchten überall die Köpfe. Es wurde heftig diskutiert, skizziert, konstruiert und gerechnet. Der Taschenrechner und der GeoGebra wurden dauerhaft beansprucht. Gegen 22 Uhr waren die meisten Aufgaben so weit gelöst, dass wir den ersten Versuch starteten, unsere Lösungen hochzuladen. Zehn Lösungen in zehn Eingabefelder – und dann der etwas frustrierende Moment, als sich nur drei der Felder grün färbten. Bei der einen oder andern Aufgabe konnte zwar schnell der Fehler im Eingabeformat gefunden werden, die trickreiche Art der Eingabe sollte im Laufe der Nacht aber noch mehrfach zu Verzögerungen führen. Denn nach jeder falschen Eingabe wurde das Formular für zehn Minuten gesperrt! Da nun klar war, welche Aufgaben noch eine Überarbeitung benötigten, stürzten sich alle auf die Fehlersuche. Die Kleingruppen begannen sich aufzulösen, es bildeten sich neue Paarungen. Es war toll zu beobachten, wie gut alle miteinander arbeiten konnten. Es wurde produktiv diskutiert, alle hatten ein gemeinsames Ziel. Mit fortschreitender Uhrzeit ließen auch wir Lehrer uns immer mehr von der Euphorie anstecken und beantworteten gerne Fragen, gaben Tipps, knobelten auch für uns selbst an der einen oder anderen Aufgabe.
Gegen Mitternacht war nur mehr das äußerst trickreiche, dreieckige Sudoko nicht geknackt. Doch zu Zwölft an der Tafel konnte auch das mit viel Konzentration und Hartnäckigkeit gelöst werden und so hieß es um 0:20 dann endlich: 1. Runde geschafft – 2. Runde freigeschalten!
Zwar war es jetzt schon deutlich später als erhofft, dennoch waren wir damit im schnellsten Drittel von fast 6000 Gruppen deutschlandweit!
Von den Erfahrungen aus Runde 1 geprägt, war uns bewusst, dass die zehn Aufgaben der 2. Runde mindestens genauso anspruchsvoll werden würden. Hier bildeten sich nun schnell kleine Gruppen, die die Aufgaben unter sich aufteilten. Trotz der fortgeschrittenen Stunde war die Motivation immer noch sehr hoch. Der eine oder andere gönnte sich eine halbe Stunde Pause im Ruheraum, aber dann ging es wieder konzentriert weiter.
Die Aufgabenstellungen waren teilweise so anspruchsvoll, dass es von den Lehrern als Hilfestellung mitunter einen kleinen Crashkurs in Teilkapiteln von Klasse 10 gab!
Gegen 6 Uhr früh waren nur mehr vier Aufgaben übrig. Zwei konnten noch geknackt werden, die letzten beiden widersetzten sich allerdings bis zum Ende der langen Nacht.
Jedoch war der Wettbewerbsausgang irgendwann nicht mehr wichtig. Unsere Schüler haben ihr Bestes gegeben. Sie allen bewiesen, dass sie souverän miteinander zusammenarbeiten können und eine bewundernswerte Frustrationstoleranz sowie gewaltiges Durchhaltevermögen besitzen. Diese Fähigkeiten werden ihnen in ihrem weiteren Leben sicherlich noch oft weiterhelfen. Auch hätten sie – nach eigenen Aussagen – in dieser Nacht mehr als in jeder Mathstunde gelernt. Und das eigentlich Wichtigste: es hat richtig Spaß gemacht! Die (fast) einstimmige Meinung morgens um 8 Uhr mit müden Augen: das machen wir nächstes Jahr wieder!
Wir Lehrer schließen uns dem gerne an: Wir hatten zwar keinen Schlaf, aber richtig Spaß mit euch! Das wiederholen wir sehr gerne im nächsten Jahr!
Andrea Kästner