Sindelfingen: Einblicke in Krisen und Herausforderungen
350 Schüler aus zehn Ländern simulieren bei den Model United Nations of Goldberg (MUNOG) am Sindelfinger Goldberg-Gymnasium Strategien der UN.
Während des Planspiels MUNOG simulieren die rund 250 beteiligten Schüler von 18 Schulen aus zehn Ländern am Sindelfinger Goldberg-Gymnasium in zehn verschiedenen Komitees auf Englisch das Ringen der Vereinten Nationen um Lösungen für weltweite Krisen, Konflikte und Herausforderungen – von Terrorismus und Dekolonisierung über Frauenrechte und Weltgesundheit bis zu Abrüstung.
Rund 350 Schülerinnen und Schüler von 16 Schulen aus zehn Ländern simulieren derzeit am Sindelfinger Goldberg-Gymnasium fünf Tage lang Arbeitsweise und Krisenlösungs-Strategien der Vereinten Nationen: Zum 16. Mal findet dort das Planspiel United Nations of Goldberg (MUNOG) statt, bei dem die Teilnehmer im Alter von 16 bis 18 Jahren in englischer Sprache das politische Ringen um Lösungen für weltweite Herausforderungen durchspielen – von Frauenrechte über Abrüstung bis Dekolonisierung.
Seit einem Jahr koordinieren Tabea Saile als MUNOG-Generalsekretärin, Lilith Fais als deren Stellvertreterin sowie Chiara Zangaro und Nele Pleß als „Directors of Conference Management“ ein Team von gut 150 Schülern, um die 16. Auflage des komplexen Planspiels aufs Gleis zu setzen, das sich an den Model United Nations (MUN) orientiert, die als didaktische Werkzeuge an US-amerikanischen Universitäten entwickelt wurden.
Vorbereitungen seit Dezember
Seit Dezember laufen die Vorbereitungen auf Hochtouren und zwei Monate dauert die heiße Phase, während der die beteiligten Schüler auch die Wochenenden in die Vorbereitungen für die MUNOG stecken. „Das ist super anstrengend“, erzählt Nele Pleß, „macht aber auch total viel Spaß.“ Wenn das Planspiel gut laufe, „sich mehrere Hundert Teilnehmer darüber freuen, dabei sein zu können und wir sehen, was wir geleistet haben, macht uns das stolz“, ergänzt Chiara Zangaro: „Das ist ein tolles Gefühl.“
Insgesamt sind bei der 16. Auflage der MUNOG von Donnerstag bis Mittwoch rund 400 Personen beteiligt: An der eigentlichen Simulation der Vereinten Nationen mischen rund 250 Schüler im Alter von 16 bis 18 Jahren mit, und zwar von 18 Schulen aus Kroatien, Frankreich, Ungarn, Italien, Polen, Rumänien, Slowenien, Spanien, dem Vereinigten Königreich und Deutschland – aus dem Kreis Böblingen sind neben dem Goldberg-Gymnasium und dem Stiftsgymnasium in Sindelfingen das Max-Planck-Gymnasium und das Lise-Meitner-Gymnasium in Böblingen sowie das Andreae-Gymnasium in Herrenberg dabei.
Organisation hinter den Kulissen
Hinzu kommen rund 150 Schüler ab 13 Jahren, die hinter den Kulissen die Organisation stemmen: Die Fäden zwischen Simulation und Organisation zusammen hält das Executive Committee mit Generalsekretärin Tabea Saile, Stellvertreterin Lilith Fais und den Chefinnen der Generalversammlung Emily Duschek, Denise Hopf, Hanan Nur und Annika Järkel.
Als Lehrer begleiten Silke Pock, Verena Kiemes, Ralph Ongherth, Lisa Marie Rath und Susanne Sauer das Projekt – im Jahr 2008 hatte Silke Pock MUNOG zum ersten Mal am Goldberg-Gymnasium organisiert. Als Heads of Accommodation, also Organisatorinnen für Unterkünfte, spielen außerdem zwei Mütter eine zentrale Rolle: Christine Lemberg und Sabine Wesenberg organisieren rund 100 Gastfamilien für die teilnehmenden Schüler aus anderen Ländern.
Die Organisation sei ebenso wichtig wie das eigentliche Planspiel, sagt Lilith Fais, die neben ihren anderen Aufgaben im Visitor Center Besuchergruppen, meist Eltern und Geschwister, begrüßt, die Grundlagen von MUNOG erklärt und bei einem Rundgang durchs Goldberg-Gymnasium die Arbeitsweise der verschiedenen Komitees erläutert. Die Organisation hinter den Kulissen sei zwar nicht so sichtbar wie der Rest von MUNOG, so Lilith Fais: „Aber ohne das Conference Management würde gar nichts laufen.“
Alle sprechen Englisch
Verkehrssprache von MUNOG ist Englisch, „und es wird auch nicht gerne gesehen, wenn zum Beispiel deutsche Teilnehmer miteinander Deutsch reden“, so Lilith Fais. Die Simulation solle möglichst realistisch ablaufen, sagt Nele Pleß – dies habe einen großen Lerneffekt: „Sich auf Englisch in politische Themen einzuarbeiten, erweitert das Vokabular und bringt sehr viel für die Fremdsprachenkenntnisse.“
Zur Realitätsnähe gehört auch eine Kleiderordnung. Es mache großen Spaß, sich für MUNOG professionell zu kleiden, so Tabea Saile, und die Kleiderordnung wirke sich auch unmittelbar auf den Umgang miteinander aus.
In zehn Komitees diskutieren die MUNOG-Teilnehmer mehrere Tage lang real existierende Krisen und Herausforderungen – von der Bedrohung Taiwans durch China über Wirtschaftskrisen und Frauenrechte bis Abrüstung und Weltgesundheit.
Wie im Debattierklub
„Dabei ist wichtig, dass kein Schüler die realen Interessen seines eigenen Landes vertritt“, erläutert Chiara Zangaro: MUNOG bleibe, trotz aller Realitätsnähe, eine Simulation, „wir spielen Rollen und vertreten Positionen wie in einem Debattierklub.“ Beim Planspiel in Barcelona habe sie im letzten Jahr die Position der Taliban vertreten müssen, erzählt Lilith Fais: „Das war nicht einfach für mich.“ Durch das Schlüpfen in Rollen werde vermieden, dass reale Spannungen zwischen Teilnehmern entstehen können.
Während der MUNOG-Woche gebe es zudem reichlich Gelegenheit, man selbst zu sein und miteinander ganz normal sozial zu interagieren und Spaß zu haben, ergänzt Tabea Saile – unter anderem bei der großen MUNOG-Party am Samstagabend.
Keine realen Spannungen
In der Tat habe es seit der ersten Auflage im Jahr 2008 noch nie reale Spannungen zwischen MUNOG-Teilnehmern gegeben, sagt Verena Kiemes: „Obwohl wir zu Beginn der Krim-Krise 2014 Schüler mit sowohl ukrainischen als auch russischen Wurzeln dabei hatten.“ Zu sehen, „wie die Schüler während MUNOG über sich hinauswachsen, ist aus Lehrerperspektive großartig“, unterstreicht die Lehrerin für Deutsch und Französisch den pädagogischen Mehrwert von MUNOG.
„Wir verbessern unser Englisch und bekommen Einblick in internationale Politik“, so Tabea Saile. „Wir lernen außerdem Teamwork und was es heißt, sich aufeinander verlassen zu können“, ergänzt Chiara Zangaro.
M. Staber, SZBZ