Sindelfingen. Die Frage, wie weit Protest gehen darf, durchdringt die gesellschaftlichen Debatten angesichts der drängenden Herausforderungen des Klimawandels.
Am 19.12.2023 um 11 Uhr fand eine Podiumsdiskussion im Westsaal des Goldberg-Gymnasiums statt. Teilgenommen haben die CDU Politiker Dr. Matthias Miller und Dr. Reinhard Löffler, sowie Peter Seimer von den Grünen und Florian Wahl von der SPD. Außerdem hatten wir noch zwei Vertreter der Letzten Generation, Eduard Schwab und Mischa Bayreuther zu Gast. Moderiert wurde diese von Ivana Krstanovic und Rojbin Acar.
Die Diskussion begann mit der, von der Moderation gestellten Frage, ob die jetzige Protestform der Letzten Generation das richtige Mittel sei, um Veränderungen zu erreichen. Schnell entwickelte sich daraus eine hitzige Debatte, in welcher die verschiedenen Standpunkte klar erkennbar wurden. Die CDU erklärte direkt am Anfang der Debatte, dass es zwar gut sei, solche Probleme wie den Klimawandel anzusprechen, es allerdings ihrer Meinung nach nicht das richtige Mittel sei. Es gäbe viele andere, effektivere Möglichkeiten, wie z.B. durch Vorträge, in der Schule oder durch friedlich Proteste auf dieses Thema aufmerksam zu machen. Er bezeichnet sie daher als leichtsinnig, da diese die Proteste ausführen würden, ohne darüber nachzudenken. Man solle sich über die Auswirkungen bewusst sein. Die SPD warf außerdem ein, dass es zwar legal sei zu protestieren und dies auch in der Verfassung verankert sei, es allerdings Grenzen gibt, welche eingehalten werden sollten. Sobald ein Protest als Nötigung angesehen wird, setze man sich durch diese ,,physische Aktion über das Recht” und über die ,,demokratische Mehrheit”, so Florian Wahl. Laut ihm sei diese Form des Protests eine ,,Geiselnahme”, da man die Bürger gegen ihren Willen auf der Straße festhalten würde. Das könne man nicht verantworten. Auch der Vertreter der Grünen hat sich dieser Meinung angeschlossen. Er bezeichnete diese Form des Protests als ,,sinnlos und kontraproduktiv”. Es habe außerdem lediglich einen “negativen Effekt” auf die Bevölkerung, da die Akzeptanz der Bürger gegenüber der Protestform und dadurch gegenüber dem Klimaschutz nur verringert werden würde. Der Vertreter der Grünen, Peter Seimer, teilt zwar viele Ziele der Letzten Generation, jedoch, [ist] die Form falsch – nicht der Inhalt “. Die Bevölkerung, welche keinen direkten Einfluss auf mögliche Veränderungen in der Politik hat, ist betroffen, jedoch nicht die Politiker*innen, welche größere Veränderungen in der Politik erreichen könnten und für diese verantwortlich sind. Seiner Meinung nach ist der Adressat falsch. Hingegen behaupten die Vertreter der Letzten Generation, dass nur durch solche Form von Protesten die Aufmerksamkeit der Bevölkerung und der Politiker*innen gewonnen werden kann. Zudem meinte der Aktivist der Letzten Generation, Mischa Bayreuther, dass sie solch eine Form des Protestes nicht mehr durchführen würden, wenn es schon aufgrund dessen Todesfälle gegeben hätte.
Die Idee eines „Bürgerrates“, als Lösung gegen den zivilen Ungehorsam, war ein weiterer wichtigerer Bestandteil der Debatte. In diesem würden Menschen mit unterschiedlichen Berufen in Grüppchen miteinander diskutieren, wie beispielsweise der CO2 Ausstoß verringert werden könnte. Diese Vorschläge würde man an den Bundestag übermitteln, welcher dadurch ein besseres Verständnis für seine Bevölkerung bekommen würde, so die Aktivisten der Letzten Generationen. Die Entscheidung würde dennoch bei dem Parlament liegen. Der SPD-Politiker Florian Wahl zieht die Idee eines ,,Bürgerrates” ins Lächerliche, da es laut seiner Aussage dadurch eine zweite ,,Beratung für die Regierung” geben würde. Die Bundesregierung verfügt bereits über eine vorhandene Beratung, welche sich aus Wissenschaftler*innen und Expert*innen zusammensetzt.
Schlussendlich waren alle Teilnehmenden der Meinung, dass man sich für den Klimaschutz einsetzten sollte und Protest nerven und stören darf. Dennoch unterscheiden sich die Meinungen darüber, was ein legitimer Protest ist. Die Vertreter der Letzten Generation besitzen eine extremere Meinung gegenüber der Frage, wie weit ein Protest gehen darf. Die Politiker meinen, ein Protest sei demokratisch, aber in der Verfassung werden Grenzen gesetzt, wie weit ein Protest gehen darf und diese müssten beachtet werden. Es darf nicht die Freiheit der Mitbürger eingeschränkt werden. Es wurden zudem, durch die Podiumsdiskussion, Kommunikationskanäle zwischen Politikern und den Vertretern der Letzten Generation geschaffen. Der Vorschlag von Seiten der SPD, dass die Vertreter der Letzten Generation ihn eine Woche lang begleiten können, wurde außerdem dankend angenommen – ein wichtiger Schritt, um den Austausch zwischen den verschiedenen Meinungen zu fördern und um ein besseres Verständnis füreinander zu schaffen.