Simulation der Vereinten Nationen
**Sindelfingen.** Hinter verschlossener Tür tagt das Krisensicherheitskomitee der Vereinten Nationen. Sheila Sugata, Generalsekretärin der internationalen Konferenz, betritt den Raum. Die Delegierten der verschiedenen Länder erheben sich. Sheila Sugata signalisiert den Anwesenden, dass sie sich setzen dürfen. Sekunden später geht die Debatte weiter – in englischer Sprache. Ziel ist es, eine Resolution zu erarbeiten, über die Tage später in der Generalversammlung abgestimmt wird. Seit Freitag läuft am Sindelfinger Goldberg-Gymnasium Munog, die Simulation der Vereinten Nationen. Die Gäste aus dem Ausland sind bereits am Donnerstag angereist.
Übersetzt heißt Munog: Model United Nations of Goldberg. Das Sindelfinger Gymnasium richtet die Konferenz zum 15. Mal aus. Rund 250 Jugendliche aus 15 Schulen in Europa diskutieren während der fünftägigen Veranstaltung über globale Themen und befassen sich mit aktuellen Problemen und Herausforderungen. Es gibt in diesem Jahr bei Munog rund zehn Komitees. Darunter beispielsweise ein Komitee, das sich mit dem Klimawandel befasst, ein Menschenrechtsrat, ein Wirtschafts- und Sozialrat und die World Health Organisation (WHO). Neu bei Munog ist in diesem Jahr das Krisensicherheitskomitee, das auf Anregung der 17-jährige Sheila Sugata am Goldberg-Gymnasium eingeführt wurde. Die Thematik hat mit Blick auf den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine und den Krieg in Nahost traurige aktuelle Bezüge. „Das Krisensicherheitskomitee befasst sich mit einem fiktiven drohenden Krieg“, erklärt die Generalsekretärin, die in die 12. Klasse geht und sich schon seit einigen Jahren bei Munog engagiert. Es geht um eine Ölkrise im Persischen Golf, die einen Tag später zum Krieg führen wird. Aber das wissen die Delegierten in diesem Moment nicht. Allerdings bekommen sie stetig neuen Nachrichten – breaking news – über die aktuelle Entwicklung auf ihr Handy und müssen immer wieder neu diskutieren.
Dass es sich um eine Simulation handelt, könnte man beim Besuch im Goldberg-Gymnasium glatt vergessen: Bunte Länder-Flaggen tragen zum internationalen Flair bei. Die rund 250 Delegierten tragen Anzüge und unterhalten sich auch in den Beratungs-Pausen auf Englisch. Nur hin und wieder rutscht ihnen vereinzelt auch mal ihre Muttersprache heraus: Hier ein paar italienische Worte, dort Französisch, Ungarisch, Polnisch oder Spanisch. Vier benachbarte Gymnasien aus Sindelfingen, Böblingen und Herrenberg sind dabei, zudem zwölf Partnerschulen aus ganz Europa. Auch eine Delegation aus Sindelfingens polnischer Partnerstadt Chelm ist angereist.
Wichtig für das Projekt sind Gastfamilien, schließlich brauchen die angereisten Schüler und Lehrer während der sechs Nächte Unterkünfte. Insgesamt stehen für die Gäste aus dem Ausland in diesem Jahr rund 120 Betten in Gastfamilien bereit. Tabea Saile hat die Rolle der stellvertretende Generalsekretätin inne. Sie nennt die Vorteile, die die fünftägige Simulation der Gremienarbeit der UN für die Schüler mit sich bringt: „Sie bekommen Einblicke in die internationale Politik und in die UN und entwickeln ein politisches Bewusstsein.“ Außerdem lernen die Mädchen und Jungen, zu debattieren und verbessern ihre Argumentationsfähigkeit. Die Schulen vertreten nicht ihr eigenes Land. Vielmehr werden den Schulen die Länder zugewiesen, die sie repräsentieren sollen. Das Goldberg-Gymnasium beispielsweise vertritt die Ukraine, Neuseeland, Frankreich und Brasilien. Hinter der Veranstaltung steckt viel Vorbereitungszeit. Die Schüler haben das Projekt eigenverantwortlich geplant und umgesetzt – mit Unterstützung eines Lehrerteams. „Ich war im vergangenen Jahr stellvertretende Generalsekretärin. Die Vorbereitung für das diesjährige Munog laufen bereits seit der letzten Konferenz“, sagt Sheila Sugata. Jahr für Jahr werden auch aufs Neue die Themen überlegt und ausgearbeitet – und zwar in der Freizeit. „Ich freue mich, dass Munog so erfolgreich ist. In diesem Jahr ist es besonders groß“, sagt die Zwölftklässlerin.
Wie groß die Begeisterung der Schüler für das Projekt ist, zeigt auch die Tatsache, dass diesmal Ehemalige mit von der Partie sind: Sie haben ein eigenes Komitee gebildet, debattieren mit und fungieren als Gastredner.
Text und Foto: Esther Elbers, SZBZ